Wir haben schon einiges über den Schulbesuch unseres älteren Sohnes berichtet.

Uns war aber immer klar, dass der Schulbesuch unseres Sohnes unseren Unterstützungsbedarf ändern wird, weil wir – um ihn gut unterstützen zu können, wie dies unser elterliches Recht ist – andere, ja womöglich zusätzliche Unterstützung im Übertragen von gedrucktem/handschriftlichem Text benötigen.

Eh klar, werden Sie jetzt möglicherweise sagen. Finden wir auch. Nur sind mit dieser Sichtweise wir und Sie offenbar alleine.

Denn, wenn Sie diesen Artikel lesen, kennen Sie einen Großteil der Geschichte bereits, aber eines nach dem anderen:

  1. Im Februar 2018 haben wir bei der zuständigen Landesschulbehörde angefragt, ob es die Möglichkeit gibt, personelle Unterstützung für diese Zwecke zu bekommen – schließlich spricht ja schon seit Jahren alles von Inklusion – nur könnte diese in die Praxis umgesetzt werden.
  2. Im März 2018 bekamen wir von derselben Behördenart die Info, dass das nicht geht, weil der Sohn (selbst) ja keine Behinderung hat.
  3. Im April 2018 bekamen wir von der Oberbehörde die Info, dass – so es sich um eine öffentliche Schule handelt – die Schule zuständig sei.

Genährt durch 3) liesen wir dann von der Oberbehörde feststellen, ob das Gesetz für behinderte Menschen im Privatbereich auch Elternschaft und den damit verbundenen Unterstützungsbedarf enthält – dies bejahte man im Juli 2018. Dieser Anfrage ging ein – sehr nettes  und konstruktives – Gespräch mit der zuständigen Bezirksbehörde voraus, wo genau diese Frage der Elternschaft nicht eindeutig beantwortet werden konnte, da im Gesetz, an das sie sich selbstverständlich zu halten hat, derartiges nicht herausgelesen werden konnte.

Also stellte ich, Jakob, im August 2018 einen Antrag.

In der Begutachtung am 23. Oktober 2018 stellte man im Rahmen eines Begutachtungsverfahhrens fest, dass der Bedarf gegeben ist, dieser jedoch durch den Wegfall anderer Tätigkeiten gut abgedeckt werden könnte. Wie meinen? Ich  brauchte digitales Material, stattdessen dürfen die Kinder nicht mehr auf den Spielplatz, oder wie? Stimmt, das ist doch logisch: Ich lese Zeitung  ODER trinke Mineralwasser – man kann ja nicht alles haben.

Spannend in diesem Zusammenhang – bislang leider unbeantwortet – die Frage, WOHER zwei Gutachterinnen, die Psychologie und Pädagogik studiert haben, eine derartige technische Expertise hernehmen. Weiters spannend ist, dass im gesamten Gutachtenverlauf die Frage NIE auftauchte, um wie viel Material es sich handelt. Dennoch gebe ich die Antwort gerne: ICH WEISS ES NICHT, weil wenn Bedarf ist, d. h. ich meinen Sohn unterstützen muss und will, DANN mache ich es – das seriös vorauszusagen, ist nicht seriös.

Folgender – wörtlich übernommener – Satz aus  dem Gutachten unterstreicht jedoch ganz, dass es sich bei den Gutachten-Erstellerinnen definitiv um KEINE Kennerinnen handelt: Aufgrund der Sehbehinderung vverwendet Herr Mag. Putz im Alltag die Texterkennungssoftware OCR.
Was daran falsch ist? Nicht die Texterkennungssoftware heisst OCR, sondern sind Texterkennung(ssoftware) und OCR synonym zu sehen.
Diese gutachterliche Perle ist gleich richtig wie der Satz: Ich fahre mit dem Taxi Droschke.

Lerne daraus:

  • Bedarf und Kind ist anders.
  • Der Art. 8 EMRK ist nicht als Kosten- und Zuständigkeitsschieber, sondern als „positive Verpflichtung“ gedacht.
  • Begutachtung und ihre GutachterInnen haben genau ausgewählt zu werden, nämlich NUR nach der Frage, ob die NOTWENDIGE Expertise vorhanden ist. Es gibt DIE Expertise für behinderte Menschen nicht, denn sie, die Behinderten, sind auch verschiedene Menschen.
  • Liebe GutachterInnen, lernen Sie Ihren Job: OBJEKTIVITÄT ist ihre Grundlage, wenn diese nicht gegeben ist und sein kann, LASSEN SIE ES EINFACH MIT DEM BEGUTACHTEN.
  • Liebe Politik, spare Geld und setze dieses für entweder KEINE Begutachtungen ein und glaube stattdessen Betroffenen deren Bedarf, ODER bediene dich deiner eigenen GutachterInnen, vulgo AmtsgutachterInnen, denn sie haben zu wissen, was sie tun. Ein Verein, der autonom definiert, wer oder was „GutachterIn“ ist, ist nie und nicht die Lösung.

PS: Am 30.12.2018 gibt es „Barrierefreiheit hängt von der Zielgruppe ab“